Flurfunk #9: Resilienz – Buzzword oder zentrale Zukunftskompetenz?
Ist Resilienz nur ein weiteres Schlagwort, um längst bekannte Prinzipien zu beschreiben oder verbirgt sich dahinter ein Plan, mit dessen Hilfe Unternehmen und Organisationen besser durch Krisen navigieren? Wir sprechen darüber mit Dr. Josefa Kny – Zukunftsforscherin beim betterplace lab. Sie erklärt, warum es nicht darum geht, Risiken zu vermeiden, sondern sie vielmehr zu antizipieren und ihnen mit klugen Strategien und flexiblen Verhaltensweisen zu begegnen. Wir erfahren, warum Unternehmen gut daran tun, sich in Sachen Resilienz mit anderen auszutauschen, und diskutieren darüber, ob Widerstand gelegentlich sogar sinnvoller sein kann als Resilienz. Das betterplace lab hat im Auftrag der randstad stiftung unternehmerische Resilienz in einer Studie untersucht.
Für Fragen und Feedback senden Sie eine E-Mail an: podcastrandstadstiftung@gmail.com
Resilienz – Buzzword oder zentrale Zukunftskompetenz?
In der Podcastfolge „Resilienz – Buzzword oder zentrale Zukunftskompetenz?“ sprechen die Gastgeberin Nadja Meyer und die Zukunftsforscherin Josefa Kny über das Thema Resilienz in Organisationen. Josefa Kny, die beim Better Place Lab forscht, erklärt den Begriff Resilienz und hebt hervor, dass er ursprünglich aus der Materialwissenschaft stammt, heute jedoch eine zentrale Kompetenz für Unternehmen und Organisationen ist.
Warum Resilienz für Organisationen wichtig ist
Resilienz wird als Fähigkeit beschrieben, Krisen zu bewältigen und gestärkt daraus hervorzugehen. Kny unterstreicht, dass die zunehmende Häufigkeit und Komplexität von Krisen, ausgelöst durch Faktoren wie Digitalisierung, Globalisierung und Klimawandel, Organisationen zwingt, ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken.
Bounce Back vs. Bounce Forward – Zwei Ansätze zur Resilienz
Im Gespräch unterscheidet Kny zwischen „Bounce Back“ (zurück zur alten Funktionsfähigkeit) und „Bounce Forward“ (gestärkt aus Krisen hervorgehen). Sie argumentiert, dass Unternehmen nicht nur ihre Widerstandsfähigkeit stärken, sondern auch anpassungsfähiger und vorausschauender werden sollten, um zukünftige Herausforderungen besser zu meistern.
Die Rolle der Kommunikation in der Krisenbewältigung
Ein weiteres zentrales Thema ist die Rolle der Kommunikation, sowohl intern als auch extern. Transparente und kooperative Kommunikation hilft Organisationen, flexibler und widerstandsfähiger zu werden. Kny betont, dass es notwendig ist, Krisen als Teil des alltäglichen Lebens und der Unternehmensführung anzusehen, um ihnen proaktiv und mutig begegnen zu können.
Gemeinsames Lernen und Austausch als Resilienzstrategie
Kny spricht darüber, wie Organisationen voneinander lernen und gemeinsam resilienter werden können. Der Austausch mit anderen Unternehmen und die Zusammenarbeit in Krisenzeiten, wie es bereits in der Pandemie erkennbar war, stärkt Organisationen und hilft ihnen, besser auf Unsicherheiten zu reagieren.
Kritische Perspektive auf Resilienz im „Krisenkapitalismus“
Zum Abschluss der Folge wird das Resilienzkonzept kritisch beleuchtet. Kny warnt vor einem Missverständnis, das Resilienz als bloße Anpassungsfähigkeit auf individueller Ebene sieht, ohne strukturelle Veränderungen anzustreben. Echte Resilienz, so Kny, erfordert kollektive Lösungen, Zusammenarbeit und die Bereitschaft, gemeinsam neue Wege zu gehen.
00:00:00:00 - 00:00:13:15
Sprecher 1
Flurfunk. Der Podcast der Stiftung zur Zukunft der Arbeit.
00:00:13:17 - 00:00:39:10
Sprecher 2
Herzlich willkommen zu einer neuen Episode der zweiten Staffel von Flurfunk, dem Podcast der Stiftung zur Zukunft der Arbeit. Mein Name ist Nadja Meyer und ich freue mich sehr, heute Josefa Kny begrüßen zu können. Frau Kny, vielen Dank, dass Sie Zeit für unser Gespräch gefunden haben. Sie sind Zukunftsforscher beim Better Place Lab, einem Think Tank, der sich mit Themen Transformative Gesellschafts, Gestaltung und gemeinschaftlichen Wachstums befasst.
00:00:39:12 - 00:01:04:05
Sprecher 2
Ihr Forschungsschwerpunkt ist die zivilgesellschaftliche Resilienz. Zudem sind Sie Mitgründerin des Clubs für gute Zukunft und befassen sich in einer Kolumne in taz Futur zwei mit der Zukunftsfähigkeit von Erfindungen. Aktuell haben Sie im Auftrag der Stiftung die Studie Resilienz Kulturen was Non Profit und For Profit Organisationen im Umgang mit Krisen voneinander lernen können veröffentlicht, über die wir heute sprechen möchten.
00:01:04:07 - 00:01:21:04
Sprecher 2
Herzlich willkommen noch einmal an dieser Stelle. Dankeschön! In Ihrer Studie beschreiben Sie Resilienz als Schlüsselkompetenzen für Organisationen. Warum ist es für Unternehmen und Organisationen ganz gleich, ob im Non Profit oder im Vor Profit Bereich heute so wichtig, sich mit dem Thema Resilienz auseinanderzusetzen?
00:01:21:06 - 00:01:50:24
Sprecher 3
Ja, wir können auf jeden Fall wahrnehmen, dass die Dichte und die Komplexität von Krisen in den letzten Jahren gestiegen ist und auch weiterhin steigt, vor allem durch Dynamiken der Globalisierung, der Digitalisierung. So Beispiele wie Cyberangriffe oder die Korona Pandemie sind Krisen, die erst mal im Außen von Unternehmen oder Organisationen passieren. Aber auch Folgen im Inneren von Unternehmen haben wie Ausfälle von Personal oder auch von Finanzierungen, Verlust von Kundengruppen solche Sachen.
00:01:51:01 - 00:02:23:10
Sprecher 3
Und in den letzten Jahren haben wir da schon vielfältige Krisen erlebt, die die Handlungsfähigkeit von Organisationen teilweise auch erheblich erschüttert haben. Und wir können davon ausgehen, dass das auch in Zukunft weiter so sein wird. Ähnliche Ereignisse werden auftreten, verstärkt durch gesellschaftliche Herausforderungen wie der Klimawandel oder die Folgen. Das Klima, Wandels, Demokratiekrise, Fachkräftemangel auf ganz verschiedenen Ebenen. Und deshalb ist Resilienz aus unserer Sicht eine total zentrale Zukunfts kompetenz für Organisationen.
00:02:23:12 - 00:02:31:08
Sprecher 3
Und mit Resilienz meinen wir dann immer die Fähigkeit, mit Krisen umzugehen und bestenfalls gestärkt aus ihnen hervorzugehen.
00:02:31:10 - 00:02:49:08
Sprecher 2
Der Begriff der Resilienz kommt ja ursprünglich aus der Material Wissenschaft und beschreibt, dass ein Material nach Einwirkung von außen in seinen ursprünglichen Zustand zurückkommt, also elastisch ist. Könnte man jetzt salopp sagen Wie ist dieser Begriff eigentlich in die Psychologie bzw auch in die Soziologie gekommen?
00:02:49:10 - 00:03:26:06
Sprecher 3
Ja, genau das ist die kleine Biografie der Resilienz. Quasi Tatsächlich 1905 oder in den 50er Jahren ist der Begriff in der Materialforschung etabliert worden. Genau für dieses Prinzip, dass ein Material zurück springt in seine ursprüngliche Form. Das ist wichtig, weil ich würde sagen, wir haben ein bisschen anderes Verständnis davon, da kommen wir später ja bestimmt noch drauf. Und die ersten Forscherinnen, die das in den 1970 er Jahren dann aufgegriffen haben, waren zwei entwicklungspsychologisch Emmy Werner und Ruth Smith, also amerikanische Entwicklungspsychologie.
00:03:26:08 - 00:03:55:11
Sprecher 3
Und die haben sich oder haben den Begriff auf Kinder angewandt, weil sie sich damit beschäftigt haben, wie Kinder in einer bestimmten sozioökonomischen Situation und mit bestimmten psychosozialen Belastungen ein erhöhtes Risiko für Krankheiten, für Kriminalität und so weiter entwickeln, aber gleichzeitig den Befund gab, dass 1/3 dieser in Anführungszeichen Risiko Kinder tatsächlich widerstandsfähiger waren, trotz oder wegen dieser Belastungen, denen sie ausgesetzt waren.
00:03:55:11 - 00:04:33:09
Sprecher 3
Und dafür haben sie dann den Begriff der Resilienz, also für diese psychische Widerstandsfähigkeit und die Fähigkeit bezeichnet, sich eben auch von traumatischen und belastenden Erfahrungen zu erholen. Und in der zweiten Phase dann in der psychologischen und soziologischen Forschung, wurden diese Kontext Faktoren und die Prozesse, die dahinterstehen, wichtiger. Das heißt, da war schon die Erkenntnis Resilienz ist nicht ein persönliches Merkmal, eine Eigenschaft, die man irgendwie hat oder nicht hat, sondern es geht auch ganz viel darum, in welchem Lebensumfeld, in welchem Kontext ist man, welche Erfahrungen hat man gemacht, die eine bestimmte Resilienz Entwicklung ermöglichen?
00:04:33:09 - 00:05:10:09
Sprecher 3
Und auf diese Ideen oder Konzepte wurde dann auch in der Ökosystemen Forschung zugegriffen. In der Soziologie mit Blick immer auf verschiedene Ebenen, die da zusammenspielen und das Thema Organisation Resilienz auch erst mal mit einem Fokus auf spezifische Märkte oder Organisations typen ist dann erst Ende der 90er Jahre entwickelt worden. Und damit einher ging dann auch die inhaltliche Erweiterung von dieser Idee des reinen Widerstands gegen Krisen hin zu auch einer flexiblen Anpassung im Zusammenhang mit Krisen und auch einer vorausschauenden Krisenprävention.
00:05:10:11 - 00:05:30:02
Sprecher 2
Genau das habe ich mich auch immer ein bisschen gefragt Könnte man nicht eigentlich auch Widerstandsfähigkeit sagen? Aber Sie haben es ja jetzt gerade schon angedeutet Es meint tatsächlich ein bisschen mehr. Sie unterscheiden in der Studie zwischen Bausback als der Fähigkeit, nach einer Krise zum Ausgangs level zurückzukehren. Das ist so, wie man sich jetzt das wirklich beim Material auch vorstellen würde.
00:05:30:07 - 00:05:40:14
Sprecher 2
Also ein Ball, dem man drückt und der wieder zurück ploppt und bounce forward, also nach der Krise besser dazustehen als vorher. Würden Sie das vielleicht kurz erklären, bitte?
00:05:40:18 - 00:06:06:07
Sprecher 3
Ja, das erkläre ich total gern. Und weil das auch wesentlich ist für unser Verständnis. Also bei uns. Beck bedeutet Je schneller ein von bestimmten Belastungen betroffenes System, also zum Beispiel eine Organisation, seine normale Funktionsweise zurückerlangt, desto resilient ist es. Das heißt, es geht bei Bounce Beck darum, in der Krise Möglichkeiten zum Selbsterhalt zu finden im Sinne dieses Zurückspringen auf den Status quo.
00:06:06:09 - 00:06:40:06
Sprecher 3
Und Bounce Forward hingegen beschreibt den Ansatz aus Erfahrungen, die man gemacht hat, als System, als Organisation zu lernen und das oder sich als Organisation. Wenn nötig auch grundlegend zu verändern. Und dahinter stecken dann solche Aspekte wie sich auf Krisen vorzubereiten, Krisen zu antizipieren und vor allem auch eine langfristig Perspektive, deren Grundlage Veränderung ist. Das heißt nicht, dass alles ständig anders sein muss, also Routinen, Sicherheit, Stabilität sind auch in diesem Resilienz Verständnis wichtig.
00:06:40:08 - 00:07:21:07
Sprecher 3
Aber Sie können in einem dynamischen Umfeld, in dem Unternehmen, in dem Organisation heutzutage sind, nicht die alleinigen Säulen sein. Denn dann fällt die Organisation auch im Zweifelsfall um. Das heißt, es geht darum, in der Krise auch immer neue Antworten auf die Krise zu finden und eben auch vor der Krise Antworten auf mögliche Krisen zu finden. Und aus unserer Sicht ist diese Idee oder dieses Konzept von Bounce Forward gerade für Unternehmen und Organisationen viel angemessener und auch vielversprechender, weil Organisationen sind per se eigentlich komplexe soziale Systeme und eigentlich verändern die sich ständig und sind auch nie im Ganzen beherrschbar.
00:07:21:07 - 00:07:47:02
Sprecher 3
Das heißt, diese Idee, das Zurückspringen auf einen früheren Status quo, was bei Materialien irgendwie leicht denkbar ist, ist bei so komplexen sozialen Gebilden eigentlich kaum möglich. Und natürlich können auch nach einer Krise bestimmte Dinge wieder laufen wie vorher. Aber andere werden sich verändert haben und dafür eine Sensibilität und einen bewussten Umgang zu entwickeln, das würden wir sagen, ist total zentral bei Resilienz in Organisationen.
00:07:47:04 - 00:08:17:11
Sprecher 2
Sie haben es jetzt schon ein bisschen angedeutet Der Wunsch, Systeme oder Organisationen zu stärken und widerstandsfähiger zu machen, scheint mir eng verbunden zu sein mit der Fähigkeit, mögliche Ein und Auswirkungen zu antizipieren. Das sagten Sie gerade und Vorhersagen über die Zukunft auch zu treffen. Also etwa Wie werden sich mögliche Veränderungen in Wirtschaft, Politik, aber auch klimatische Veränderungen auf unser Unternehmen, unsere Arbeitsweise, unsere Organisation und vielleicht auch auf unseren Erfolg auswirken?
00:08:17:13 - 00:08:25:06
Sprecher 2
Wie können Unternehmen das bewerkstelligen? Und vor allem Wer in einem Unternehmen sollte das aus Ihrer Sicht im Blick haben?
00:08:25:08 - 00:08:54:19
Sprecher 3
Ja, wichtig ist es, würde ich sagen. Und das passiert häufig noch nicht in Unternehmen und auch nicht in zivilgesellschaftlichen Organisationen, die wir uns ja auch angeguckt haben, sich überhaupt erst einmal die eigenen Annahmen über die Zukunft, die im Unternehmen meist implizit vorherrschen, bewusst zu machen und sie zu hinterfragen. Und hier auch eine gute Wahrnehmung für Anzeichen. In der Zukunftsforschung sagt man dann, schwache Signale oder Weg Signals von relevanten Veränderungen zu entwickeln.
00:08:54:21 - 00:09:26:05
Sprecher 3
Und dafür ist eben genauso wichtig, aus vergangenen Krisen zu lernen und vorbereitende Schritte für einen Umgang mit kommenden Krisen daraus abzuleiten. Das heißt kurz Wir sagen dann verankerte Antizipation Praxis zu entwickeln, die für Unternehmen mit Blick auf Zukunftsmärkte sich wandelnde Vorlieben bei Kundengruppen usw sowieso relevant sind und diese auf den Umgang mit möglichen Krisen auszuweiten, die eben auch durch gesellschaftliche Entwicklungen bedingt werden können und manchmal dann schneller ins Unternehmen hineinwirken als gedacht.
00:09:26:07 - 00:10:05:07
Sprecher 3
Und in unserer Studie haben wir da gesehen, dass zivilgesellschaftliche Organisationen tendenziell tatsächlich besser daran sind, mit Unsicherheiten umzugehen und in akuten Krisensituationen sehr gut oder gut in der Lage sind, zu reagieren und zu improvisieren, weil sie tendenziell unter prekären Bedingungen wirtschaften, Leute freiwillig engagiert sind, solche Sachen also man nicht klare Sicherheiten hat. Und gewinnorientierte Unternehmen, das haben wir auch gesehen, schaffen sich oft so eine vermeintliche Sicherheit durch Ansätze der Planung, der Strukturierung und sind dadurch in Krisensituationen tendenziell weniger agil.
00:10:05:09 - 00:10:34:21
Sprecher 3
Und für beide Arten von Organisationen erscheint es uns aber total hilfreich, diese Art von Antizipation und Praxis zu entwickeln und sowohl Organisation, interne als auch organisations externe Zukunftsentwicklung wirklich ernst zu nehmen und auch ausreichend Ressourcen dafür aufzuwenden, in dem Rahmen der eben möglich ist. Und die Frage, wer das im Blick haben sollte oder wer dafür verantwortlich ist, würde ich sagen, hängt auch stark von der Organisations oder Unternehmensstruktur ab.
00:10:34:23 - 00:11:08:22
Sprecher 3
Das heißt, wenn wir in hierarchischen Unternehmen unterwegs sind, würde ich sagen, ist es wichtig, dass das Thema wirklich von oben in Anführungszeichen als strategisch relevant gesetzt und auch mit Ressourcen ausgestattet wird. Aber auch in weniger hierarchischen Organisationen braucht es da eine klare Verankerung von Verantwortung, sei es bei einem Kreis oder einer Arbeitsgruppe. Und in der Praxis ist es auf jeden Fall dann wichtig, dass das Thema Resilienz eben nicht nur bei denen, die offiziell die Verantwortung dafür haben, sondern bestenfalls bei allen im Unternehmen, in der Organisation gelebt wird, so dass alle solche Fragen im Blick haben.
00:11:08:22 - 00:11:22:24
Sprecher 3
Wie oder solche Themen im Blick haben wie Resilienz ist wichtig. Es gibt bestimmte Informationen, die ich weitergeben muss. Ich weiß, wann, welche und an wen, so dass das was ist, was alle auch wirklich verinnerlicht haben.
00:11:23:01 - 00:11:43:13
Sprecher 2
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass unterschiedliche Krisen auch ganz unterschiedliche Reaktionen erfordern, also dass eine Pandemie vermutlich andere Maßnahmen verlangt als Fluktuation und Arbeitskräftemangel. Wie können Organisationen sich auf so ein doch durchaus facettenreiches Szenario vorbereiten? Was können die da tun?
00:11:43:15 - 00:12:07:21
Sprecher 3
Ja, das ist ja, das ist auf jeden Fall nicht einfach und es gibt da überhaupt kein Patentrezept. Man kann sich auch nicht auf alles vorbereiten, aber es hilft trotzdem, sich mal systematisch damit auseinanderzusetzen. Welche Krise könnte uns also unsere spezifische Organisation, unser Unternehmen mit dem, was wir machen, was für uns relevante Lieferanten sind, Kundengruppen sind, das ganze Umfeld einmal in den Blick nehmen?
00:12:07:21 - 00:12:31:19
Sprecher 3
Und welche Krisen könnten uns da kurz, mittel und langfristig treffen? Was ist da wahrscheinlich? Was ist plausibel? Das heißt, da gibt es gute Argumente, dass das passieren könnte? Und was ist die Art der Krise, also eine Pandemie Situation. Das haben wir alle gemerkt, kann von heute auf morgen alles verändern. Genauso, wenn eine Kollegin, ein Kollege plötzlich wegfällt, die oder der einer Schlüsselposition im Unternehmen war.
00:12:31:19 - 00:13:06:07
Sprecher 3
Das kann auch ein großes Loch in die Abläufe reißen. Zu Themen wie Fachkräftemangel oder Klimawandel folgen. Und auch da das Risiko von Naturkatastrophen im Zusammenhang mit Klimawandel kündigen sich vermutlich etwas früher an, Ob wir diese Zeichen dann bemerken, wahrnehmen und uns daranmachen, dem entgegenzuwirken, das ist dann die zentrale Frage. Und hier kann man auch unterschiedliche Szenarien entwickeln und Prioritäten setzen, um zu entscheiden, Worauf wollen wir uns eigentlich mit welchem Ressourcen, Aufwand vorbereiten, so dass wir wirklich Klarheit darüber schaffen können?
00:13:06:07 - 00:13:41:10
Sprecher 3
Wer ist in bestimmten Krisensituationen ansprechbar, Wer kann Entscheidungen treffen? Wen kann man vielleicht auch im Netzwerk kontaktieren? Und so weiter. Das sind alles vorbereitende Maßnahmen, die man unter der Idee von Resilienz treffen kann. Und der Schlüssel ist Letztlich würde ich sagen eine gute, eine offene, eine flüssige Kommunikation in der Organisation. Das hilft auf jeden Fall, Krisen kommen zu sehen in Anführungszeichen und auch in der Krise, wenn es halt anstrengend wird, wenn Leute überlastet sind, gut im Kontakt und im Miteinander zu bleiben, statt wie in so ein Gegeneinander zu rutschen.
00:13:41:10 - 00:13:48:18
Sprecher 3
Also ja, Kommunikation auch als ein ganz großer Schlüssel, so groß wie es klingt, aber total wichtig.
00:13:48:20 - 00:14:11:21
Sprecher 2
Genau da komme ich gleich auch noch mal kurz drauf zurück. Ich fand nur einen Punkt noch mal ganz, ganz anschaulich. Und zwar ist in Ihrer Studie auch zu lesen, dass es eine gewisse Diskrepanz gibt zwischen dem Krisen Bewusstsein und der Umsetzung entsprechender Maßnahmen. Und da fand ich eben Sie zitieren da Jens Greiner von PWC Deutschland und ich fand, er hat das sehr anschaulich beschrieben.
00:14:11:23 - 00:14:37:01
Sprecher 2
In vielen Unternehmen, sagt er, gibt es keinen bewusst, keine bewusst ausgeprägte Resilienz Kultur, sondern die Kultur lässt sich vordergründig als wachstumsorientierte bzw Business first bezeichnen. Also eigentlich, wie man es seit Jahrzehnten kennt. Und für den Umgang mit Disruptionen, Schocks und Krisen vertraut man noch vielerorts zu sehr auf vereinte Kräfte und Ärmel hochkrempeln. Was raten Sie diesen Unternehmen?
00:14:37:03 - 00:15:14:00
Sprecher 3
Ja, ich finde das auf jeden Fall auch ein sehr eindrückliches Zitat. Und da steckt auch etwas die Unzufriedenheit derjenigen drin, würde ich sagen, die sich sehr viel mit Resilienz befassen und davon überzeugt sind, dass eine Resilienz Kultur, ein vorausschauender Resilienz Begriff essenziell wichtig ist, um eben die Handlungs oder sogar die Überlebensfähigkeit von Unternehmen zu erhalten. Und bis jetzt ist es in Unternehmen tatsächlich häufig so, dass diese Notwendigkeit von Resilienz wir müssen irgendwie auf Krisen vorbereitet sein damit dann umgehen können irgendwie abstrakt erkannt ist und vielleicht auch irgendeine Abteilung ein Resilienz Konzept geschrieben hat.
00:15:14:00 - 00:15:46:24
Sprecher 3
So salopp gesagt und auch aus der Studie von PWC. Tatsächlich wissen wir das knapp so 2/3 der Unternehmen, die dort befragt werden, das waren wurden, das waren international 2000 ungefähr ein sogenanntes integriertes Resilienz Konzept entwickelt haben, aber von diesen 2/3 nur jedes fünfte bereits als vollständig etabliert ist in der Selbsteinschätzung. Also was auch immer das konkret heißt. Das heißt, oft bleibt dieses Thema Resilienz also eher noch so auf so einer oberflächlichen Buzzword Ebene.
00:15:47:01 - 00:16:13:11
Sprecher 3
Dabei braucht es dann genau das, was wir auch zum Titel der Studie gemacht haben, nämlich eine Resilienz Kultur, ein idealerweise bei allen Mitarbeitenden verankertes und gelebtes Verständnis davon, was Resilienz bedeutet, was dafür notwendig ist und dass eine Resilienz der Organisation auch nur erreicht werden kann, wenn da alle an einem Strang ziehen. Das heißt, wie war das Zitat Ärmel hochkrempeln, an vereinte Kräfte und Ärmel hochkrempeln?
00:16:13:11 - 00:16:25:18
Sprecher 3
Schon, aber nicht nur in Krisen, sondern kontinuierlich. Sich darüber Gedanken zu machen und zu überlegen, wer da werden, welche Ärmel hochkrempeln muss, bevor das dann alle unkoordiniert chaotisch tun.
00:16:25:20 - 00:16:54:11
Sprecher 2
Sie haben es eben schon erwähnt. Ich wollte noch mal auf den Punkt der Kommunikation kommen. Sie haben beschreiben in der Studie, dass Kommunikation von Unternehmen innerhalb des Unternehmens, aber auch gegenüber Kunden und Lieferanten eine zentrale Rolle spielt. Was ich mich frage Ist das wirklich nur angesichts von Krisenbewältigung und Management so? Und werden Organisationen nicht grundsätzlich gut beraten, ihre Kommunikationsprozesse von Anfang an zu pflegen?
00:16:54:14 - 00:17:15:23
Sprecher 2
Also das ist so ein bisschen, also es sind ja auch, wie Sie vorher gesagt haben, Unternehmen sind dynamische Gebilde. Letztendlich sind es die Menschen, die das Unternehmen ausmachen, selbst wenn es produzierende Firmen sind. Und da scheint mir Kommunikation grundsätzlich das A und O zu sein. Wie sehen Sie das?
00:17:16:00 - 00:17:48:21
Sprecher 3
Ja, ich würde das auf jeden Fall unterstreichen. Also Kommunikation und auch wirklich dieses Zwischenmenschliche und Offene und so ein bisschen die Idee von wir sitzen alle im gleichen Boot, das hilft uns Kooperationen vielleicht auch weiter als Konkurrenz. Ich habe meine Doktorarbeit zum gemeinwohlorientierten Wirtschaften von großen Unternehmen geschrieben und würde das genau deshalb gerne unterschreiben, dass eine klare, transparente Kommunikation, die eben eher auf Kooperation statt Konkurrenz setzt, die Beziehungen zu Lieferanten und Kundinnen eindeutig verbessern würde.
00:17:48:21 - 00:18:08:21
Sprecher 3
Für alle Seiten. Und gerade damit man in Krisensituationen auch mit den Akteuren in der Lieferkette in einem guten Kontakt bleiben kann und einander unterstützen kann, ist es total wichtig, diese kontinuierliche Arbeit miteinander und Vertrauensbasis auch zu schaffen und zu erhalten. Also ich bin da, wir sind da d'accord.
00:18:08:23 - 00:18:43:00
Sprecher 2
Man könnte auch umgekehrt sagen Die Tatsache, dass Sie das in Ihrer Studie noch mal so explizit fordern könnte ja auch ein Hinweis darauf sein, dass es eben in vielen Unternehmen nicht so ist, dass die Kommunikationsprozesse gut laufen, sehr transparent sind usw Also so rum wird ja auch ein Schuh draus. Nicht nur eine Studie von Die Leute, die Sie auch zitieren, empfiehlt Unternehmen Beziehungen zu Gleichgesinnten Organisationen aufzubauen, um gesellschaftliche Probleme anzugehen, also sich sozusagen einen Schulterschluss zu machen.
00:18:43:02 - 00:18:48:10
Sprecher 2
Wie müssen wir uns das vorstellen? Und ist das überhaupt realistisch? Habe ich mich gefragt.
00:18:48:12 - 00:19:24:06
Sprecher 3
Ja, das ist ja genau die Frage, die an das anknüpft, was wir gerade als Ideal beschrieben haben. Wir haben auch wir haben ja vor allem sekundär Analysen von Studien, die sich Unternehmen mit Blick auf Resilienz angucken, zu Rate gezogen für unsere Studie und da in einer Umfrage des Fraunhofer IPA mit Fokus auf dem verarbeitende Gewerbe und kleinen und mittleren Unternehmen rausgefunden oder gesehen, dass immerhin 1/4 der befragten Unternehmen sich bereits mit anderen Unternehmen aus derselben Branche zum Umgang mit Krisen ganz explizit austauscht.
00:19:24:08 - 00:19:47:15
Sprecher 3
Vor allem ist es ein Schub, der durch die Corona Pandemie kam. Das heißt, der Effekt ist Wir merken, dass wir diese Fragen, gerade wenn es um komplexe Krisen gesellschaftlich Krisen geht, nicht alleine hinkriegen als Unternehmen. Und wir merken auch, dass es effizienter ist, gemeinsam zu lernen. Und sogar unter großen Unternehmen gibt es ja es gibt allerlei Branchen, Initiativen zu verschiedenen Themen.
00:19:47:17 - 00:20:17:03
Sprecher 3
Und das sind natürlich einerseits strategische Entscheidungen, da zusammenzugehen und sagt noch nicht viel dazu, wie offen in diesen Runden gesprochen wird. Da aber, würde ich sagen Unternehmen bei diesen gesellschaftlichen Krisen Themen vor den gleichen Herausforderungen stehen, ist die Hoffnung oder wäre meine Hoffnung, dass zusammen weiterzukommen besser ist, als dass niemand vorankommt? Und ich weiß auch gerade im Bereich von Lieferketten Themen usw wie machen wir das mit der Regulierung in der Lieferkette?
00:20:17:03 - 00:20:38:04
Sprecher 3
Wie machen wir das mit neuen Technologien? Und so weiter, dass da tatsächlich ein ziemlich offener Austausch bereits passiert. Man redet nicht unbedingt so viel dann nach außen drüber und die Voraussetzung dafür ist natürlich, das funktioniert nur, wenn die Unternehmensvertreter sich dort auch fair begegnen und verhalten. Insofern würde ich sagen, ist das auf jeden Fall eine Frage der Grundhaltung.
00:20:38:04 - 00:20:44:08
Sprecher 3
Wie geht man da ran? Aber wenn die gegeben ist, dann halte ich es auch für realistisch.
00:20:44:10 - 00:20:57:22
Sprecher 2
Weil man könnte ja natürlich auch ein bisschen böse sagen, Resilienz könnte so was wie ein Wettbewerbsvorteil werden, den man gar nicht unbedingt dann teilen möchte, wenn man das jetzt mit ein bisschen argwöhnisch betrachtet.
00:20:57:23 - 00:21:26:05
Sprecher 3
Ja klar, wenn wir ein wirtschaftliches Paradigma im Kopf haben, dass nur Gewinner und Verlierer kennt, könnte das so sein? Auf jeden Fall. Die Frage ist aber genau da, ob sich Unternehmen das in Zukunft so noch leisten können. Wenn wir davon ausgehen müssen, dass durch übergreifende Krisen Phänomene wie eben Klimawandel folgen, Pandemien. Und so weiter. Kooperation und sich gegenseitig zu unterstützen eigentlich dringend notwendig wird, um überhaupt an Materialien zu kommen, an fähige Arbeitskräfte zu kommen.
00:21:26:05 - 00:21:52:12
Sprecher 3
Und so weiter, um da bestehen zu können und bei Ökosystemen, um den Vergleich zu machen, ist es ja so, dass es den gut geht, wenn sie divers sind, also wenn sie unterschiedliche Antworten aus sich heraus auf unterschiedliche Krisen finden können und dabei die einzelnen Elemente eben produktiv zusammenwirken. Und ich bin überzeugt, dass das eigentlich auch für Gesellschaftssysteme gilt, in denen Unternehmen ja eingebettet sind und auf die sie auch angewiesen sind.
00:21:52:12 - 00:21:58:19
Sprecher 3
Das heißt da auch da ist Kooperation und Diversität vielleicht Überleben sichern da als Konkurrenz.
00:21:58:20 - 00:22:03:21
Sprecher 2
Es ist auf jeden Fall das sympathischere Szenario, finde ich das auch?
00:22:03:23 - 00:22:50:05
Sprecher 1
Zahlen bitte. In Unternehmen zählt die Corona Pandemie als die am stärksten einschneidende Krise. Mehrere Studien wählen sie als direkten Bezugspunkt ihrer Erhebungen. Wie häufig eine Krise dieses Ausmaßes ansteht, bewertet ein großer Teil der befragten Unternehmen mit 53 % eher vage als gelegentlich. Während nur 7 % eine solche Krise regelmäßig erwarten. Kleinere und mittlere Unternehmen hatten aufgrund der Pandemie vor allem mit Produktivitäts Einbrüchen, temporären Lieferengpässen Kunden, Verlust und Stagnation zu kämpfen, in drastischeren Fällen auch mit Entlassungen, Produktions, Stopps und Insolvenzen.
00:22:50:07 - 00:23:37:09
Sprecher 1
88 % der kleineren und mittleren Unternehmen waren zudem von Unterbrechungen in der Lieferkette betroffen. Insgesamt waren mit 81 % kleine und mittlere Unternehmen deutlich stärker von negativen Effekten betroffen als große und jüngere Unternehmen. Für die kommenden Jahre erwarten fast alle Unternehmen vor allem Krisen in Form von Cyberangriffen, Lieferketten, Unterbrechungen und beim Halten und Gewinnen von Personal. Darüber hinaus rechnen 63 % der Unternehmen mit Krisen im Bereich Klimawandel und Umwelt, 35 % auch mit Krisen in Bezug auf Einkommens ungleichheit und 18 % auch mit Krisen im Zusammenhang mit Migration.
00:23:37:11 - 00:23:57:10
Sprecher 1
Quellen Deloitte Global Resilient Report 2021 EPA Studie in Form 2021 WSI Organisation als Resilienz Index Report 2021 PWC Global Crisis and Resilienz Survey 2023.
00:23:57:12 - 00:24:19:19
Sprecher 2
Untersuchungen haben ebenfalls gezeigt, dass Krisen wie die Corona Pandemie einen stärkeren negativen Effekt auf jüngere, weniger etablierte und damit auch weniger erfahrene Unternehmen haben. Dennoch blieben diese Unternehmen optimistischer in Bezug auf ihre eigene Resilienz. Braucht Resilienz Erfahrung oder sogar ein bestimmtes Mindset? Was würden Sie sagen?
00:24:19:21 - 00:24:44:09
Sprecher 3
Ja, das ist ein spannender Punkt. Ich würde sagen, Erfahrung hilft auf jeden Fall. Das haben ja schon diese Entwicklungspsychologie Studien aus den 70er Jahren gezeigt. Erfahrung hilft bestenfalls, in Krisensituationen ruhig zu bleiben, sich nicht verrückt machen zu lassen auf der individuellen Ebene. Und das gilt auch in Krisen, Momenten, in Unternehmen, in denen ja Menschen vor allem dann Entscheidungen treffen müssen und handeln müssen.
00:24:44:11 - 00:25:11:20
Sprecher 3
Und gerade in Organisation ist es dann aber wichtig, wirklich bewusst und systematisch aus Erfahrung zu lernen, weil man sonst oder weil sonst diese gemachten Erfahrungen wieder im Alltagsgeschäft vergessen sind. Ich glaube, was man sich als Individuum vielleicht merkt, auch weil man es noch stärker gefühlt hat, ist in Organisation, dann in der Komplexität wiederum dieses sozialen Gebildes dann vielleicht schnell wieder verläuft, sich schneller wieder und deshalb muss man da bewusster darauf achten.
00:25:11:22 - 00:25:34:03
Sprecher 3
Und ich würde aber genauso sagen zur Resilienz gehören auch wir haben ja da verschiedene Resilienz, Ressourcen auch aufgezeigt und uns daran abgearbeitet. In unserer Studie zu Resilienz gehört auch Zuversicht und Optimismus. Das heißt, man muss auch grundsätzlich daran glauben, die Krise überwinden zu können und sich dafür einsetzen. Lösungen suchen statt Probleme fixieren, Experimente wagen, improvisieren. Und so weiter.
00:25:34:03 - 00:25:55:09
Sprecher 3
Und das ist auf jeden Fall ein bestimmtes Mindset. Und das ist jetzt nur eine Vermutung, aber kann ich mir vorstellen, ist bei jungen Unternehmen und Unternehmerinnen mit viel Motivation und einer klaren Vision, wo sie hinwollen, möglicherweise stärker ausgeprägt. Also beides. Erfahrung hilft, wenn sie gut genutzt wird. Und das Mindset mit dem Blick nach vorne ist auch auf jeden Fall entscheidend.
00:25:55:11 - 00:26:24:09
Sprecher 2
Die Amerikanerin Linda Hubs, Gründerin der Resilienz Alliance, beschreibt drei Formen, vielleicht auch drei Phasen von Resilienz. Das eine ist Schaden minimieren. Das andere ist auf Kurs bleiben. Das entspricht vielleicht dem Bounce back, über das wir anfangs gesprochen haben, sowie das als drittes Lernen und Wachstum. Das würde ich sagen, ist vielleicht so ein bisschen wie das Browns Forward, was wir anfangs besprochen haben.
00:26:24:11 - 00:26:55:12
Sprecher 2
Ich habe mich gefragt Sind es nicht eigentlich Reaktionen, die wir unabhängig von Resilienz schon immer zeigen? Oder Ich würde gerne noch ein Beispiel geben, weil sich das da vielleicht ganz schön noch mal zeigt. Es regnet, ich habe keinen Schirm dabei und muss Schutz unter einem Vordach suchen. Ich minimieren den Schaden, komme aber nicht vom Fleck. Beim nächsten Regen, ich habe ja gelernt, habe ich einen Schirm dabei, kann also meinen Weg fortsetzen und auf Kurs bleiben, komme aber vielleicht etwas später ans Ziel und ein wenig nass bin ich trotzdem geworden.
00:26:55:14 - 00:27:15:23
Sprecher 2
Und nach dieser Erfahrung bleibe ich einfach zu Hause, wenn es regnet, weil ich meine Termine so organisieren konnte, dass ich gar nicht erst durch den Regen gehen muss. Ich werde nicht nass und spare noch dazu Zeit. Warum ich das erzähle? Ich habe mich gefragt Sind wir nicht eigentlich von Hause aus resilient? Und wenn ja, warum Haben wir es eigentlich verlernt?
00:27:16:00 - 00:27:42:12
Sprecher 3
Ja, ich würde zustimmen, dass wir als Menschen von Hause aus oder evolutionär bedingt lernfähig sind. Das könnte man vermutlich sagen. Und aus gemachten, stark negativen Erfahrungen, denn das ist ja der Fokus. Bei Resilienz folgt in diesem Sinne bestenfalls auch eine höhere Resilienz. Also ein besserer Umgang mit Krisen. Wobei ich jetzt, dass Regen und etwas nass werden, noch nicht unbedingt als Krise bezeichnen würde oder als disruptive Ereignis.
00:27:42:14 - 00:28:06:24
Sprecher 3
Unser Forschungsschwerpunkt liegt ja da sehr stark auf Organisation und da ist es eben häufig ungleich komplexer, sowohl was die Art und Wirkung von Krisen anbelangt, als auch den Umgang damit. Und sich da stärker auf dieses Lernen und auf Handlungsstrategien ableiten zu konzentrieren, ist unser Plädoyer. Also dieser ich habe es vorhin schon mal gesagt systematischer und bewusster damit umzugehen.
00:28:07:01 - 00:28:20:05
Sprecher 3
Ob wir als Menschen Resilienz verlernt haben, kann ich ehrlich gesagt gar nicht beantworten, weil da müssten Sie, glaube ich, mit einer Psychologin oder Neurowissenschaftler sprechen. Das ist mir zu hoch. Okay.
00:28:20:07 - 00:28:48:10
Sprecher 2
Der Begriff der Resilienz setzt ja einen ganz bestimmten Blick auf die Welt voraus. Das haben wir jetzt auch schon mehrfach besprochen. Die Welt um uns herum ist schwierig, unsicher oder sogar bedrohlich. Das ist der Blick, den wir brauchen. Und man kann trotzdem lernen, unter diesen Bedingungen gut zu leben und das Beste daraus zu machen. Für Resilienz müssen die Bedingungen also geradezu widrig sein, sonst hat man ja gar keinen Grund, Resilienz auszubilden oder zu trainieren.
00:28:48:12 - 00:29:03:02
Sprecher 2
Leben und arbeiten wir also künftig in einem Zustand der Dauerkrise? Jetzt, wenn wir sagen, Resilienz ist so wichtig geworden? An einer Stelle in der Studie sprechen Sie auch von der Krise als stete Begleiterin. Ist das damit gemeint?
00:29:03:04 - 00:29:25:10
Sprecher 3
Ja, ich denke, dass wir davon ausgehen können. Das habe ich ja quasi schon zum Einstieg gesagt, dass wir es in den nächsten Jahren und Jahrzehnten weiterhin mit Krisen zu tun haben werden wirtschaftlich, politisch, ökologisch. Und so weiter. Und die werden nicht weggehen. Und die werden vermutlich auch nicht weniger komplex werden. Das Konzept der Resilienz, finde ich, kann da aber das Framing ändern.
00:29:25:10 - 00:29:53:17
Sprecher 3
Also eben nicht unsicher mit Krisen umzugehen, in Angst und Schockstarre zu leben, sondern Krisen als Teil von uns, als Menschen, als Organisationen, als Gesellschaften zu begreifen, weil das sind sie ja eh schon immer wissen. Wir alle werden persönliche Krisen, Krisen am Arbeitsplatz nehmen Entwicklungen auf gesellschaftlicher Ebene als Krisen wahr, aber damit eben proaktiver und mutiger umzugehen, das ist die Idee hinter Resilienz, zumindest in unserem Verständnis.
00:29:53:19 - 00:30:17:07
Sprecher 3
Und das heißt absolut nicht, dass wir uns darauf beschränken sollten, jetzt nur noch irgendwie in die Abwehr zu gehen, sondern es geht vielleicht heute mehr denn je darum, dass wir als Gesellschaft zusammenkommen, zusammenhalten und gestalten, also gemeinsam Ideen, Visionen für ein gutes Leben für alle zu entwickeln, die wir auch gemeinsam zu erreichen versuchen und dafür eben auch Missstände zu kritisieren und abzuschaffen.
00:30:17:07 - 00:30:23:11
Sprecher 3
Das sollte uns davon sollte uns kein Dauerkrise zu denken, abbringen, würde ich sagen.
00:30:23:13 - 00:30:51:18
Sprecher 2
Die Soziologin Stefanie Graefe stellt in ihrem Buch Resilienz im Krisen Kapitalismus wieder das Lob der Anpassung. Fähigkeit die These auf, dass Resilienz keine Strategie ist, um die Ursachen von Krisen zu bekämpfen. Im Gegenteil, Sie sagt Resilienz ist ein Alternativangebot. Zur Kritik an den Arbeitsbedingungen und der Verweis auf Resilienz kann man Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sagen Wenn du mit den Bedingungen nicht klar kommst, dann musst du an deiner Belastbarkeit arbeiten und diese trainieren.
00:30:51:20 - 00:31:25:11
Sprecher 2
Damit werden Probleme, die eigentlich strukturell geklärt werden müssten, also im Unternehmen zum Beispiel individualisiert. Ähnlich argumentiert etwa auch die Journalistin Claudia Keller, Redakteurin beim Tagesspiegel. Es setzt sich der Gedanke fest, schreibt sie, man müsse nur schön flexibel sein und sich anpassen, dann könne man unbeschadet schwierige persönliche und gesellschaftliche Phasen überstehen. Das aber verleite Menschen dazu, sich mit scheinbar unabwendbaren Gegebenheiten zu arrangieren, statt sich dagegen zu wehren und zu versuchen, die Gegebenheiten zu verändern.
00:31:25:13 - 00:31:31:21
Sprecher 2
Wer sich immer anpasst, arrangiert sich vielleicht auch mit dem falschen. Was entgegnen Sie diesen Kritikerinnen?
00:31:31:23 - 00:31:54:02
Sprecher 3
Ich würde erst mal sagen, das zeigt, wie wichtig die Definition von Resilienz ist. Wie wichtig ist zu sagen Was meinen wir genau, wenn wir über Resilienz reden, über ein Buzzword hinaus? Und das Resilienz Verständnis, auf das die beiden Autorinnen abzielen, ist eins, das den Umgang mit Krisen kann ja auch in dem individualisiert, statt da strukturelle Lösungen zu finden.
00:31:54:04 - 00:32:20:23
Sprecher 3
Und das ist auf jeden Fall ein neoliberales Verständnis, das wir auch in unserer Studie sehr stark ablehnen und wo wir auch versuchen, einen Gegenpol zu machen und Resilienz eben als ein Konzept zu verstehen, das eben nicht auf das individuell stärker, flexibler, härter werden setzt, sondern klar auf das Miteinander, auf kollektive Lösungen, auf Kommunikation und auf die proaktive Gestaltung in Organisationen und von Gesellschaft.
00:32:21:00 - 00:32:46:16
Sprecher 3
Und das heißt dann so was wie Kritik an Arbeitsbedingungen. Und diese zu verbessern wäre aus unserer Sicht ein essentieller Teil davon, wenn es darum geht, als Organisation zukunftsfähig und krisenfest aufgestellt zu sein. Und wenn wir es mit Resilienz ehrlich meinen, auch in Unternehmen und das ist, glaube ich momentan auf jeden Fall noch der Knackpunkt, dann geht es auch genau darum, Konflikte zu bearbeiten, die sich aus diesem resilient machen.
00:32:46:16 - 00:32:58:21
Sprecher 3
In Anführungszeichen ergeben. Und dann liegt im Resilienz Begriff nicht nur eine neoliberales Verständnis, sondern bestenfalls auch ein Transformations, vielleicht auch sogar ein kleines Revolution potenziell.
00:32:58:23 - 00:33:03:12
Sprecher 2
Blicken Sie zuversichtlich in die Zukunft, was das angeht?
00:33:03:14 - 00:33:35:15
Sprecher 3
Das ist eine gute Frage. Ich würde sagen, ich blicke grundsätzlich zuversichtlich in die Zukunft, weil das ist ja Teil des Verständnisses, was ich eben gepredigt habe. Nichtsdestotrotz erfordert es, glaube ich, schon immer wieder Energie, sich selbst. Und das gilt natürlich dann auch für den Organisations Kontext. So ein bisschen aus diesem Gefühl von Unsicherheit und Angst rauszuziehen. Ich glaube, dass ich, wenn ich gut trainiere und in guter Laune und Form bin, dann würde ich positiv in die Zukunft sehen.
00:33:35:15 - 00:33:37:04
Sprecher 3
Aber es gelingt mir nicht immer.
00:33:37:06 - 00:33:40:08
Sprecher 2
Frau Kny, ich danke Ihnen sehr für dieses Gespräch. Vielen Dank.
00:33:40:13 - 00:33:50:07
Sprecher 3
Ja, ich danke auch.